Ostdeutsche Protestkultur zwischen 2015 und 2024
Seit 2015 forsche ich zu und auf Straßenprotesten in einer Region,[1] in der in diesem Jahr Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen anstehen und für die man unterschiedliche Namen finden kann: das Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks, die neuen Bundesländer, der Osten, „die Widerstandshochburg“ (Freie Sachsen). Auch für die Straße gibt es unterschiedliche Beschreibungen. Thomas Lindenberger konturiert sie (historisch) als eigenständige Arena des Politischen für „die kollektive Artikulation und Wahrung von Interessen […] außerhalb eines vorgesehenen Instanzenweges und mit körperlichen statt verbalbürokratischen Mitteln“,[2] als einen Aushandlungsort für konkurrierende Vorstellungen von politischer Ordnung und legitimer Kollektivität, als Kulisse für den Anspruch auf die Beherrschung des öffentlichen Raums, für Einschüchterungen und Feindmarkierungen. Für Steffen Mau scheinen Drohkulissen auf den Straßen mittlerweile „die üblichen Wege von Interessensvermittlung über Parteien und Parlamente[]“ zu überlagern.[3] Schilderungen aus der jüngeren Protestgeschichte sollen deutlich machen, wie sich politische Instabilität und Destabilisierung durch Straßenproteste wechselseitig bedingen, und damit den Blick dafür schärfen, „[w]as [im Wahljahr] auf dem Spiel steht“.[4]
Foto: © Alexander Leistner